Hanna Sjöberg
    Man hört förmlich das Bersten des Porzellans
     

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…Bilder sind aufgezogen auf ikonenstarken Karton, der auf kleinen Tischen steht, so wie ein Familienbild auf dem Schreibtisch; ein Foto von dem oder der Lieben auf dem Nachttisch. Es wirkt wider das Vergessen. Nicht der Krieg und die Not werden gezeigt, sondern das, woran man sich erinnern muß. Dennoch ist der Krieg allgegenwärtig. Scherben werden zum Stilleben, dessen Porzellan man beim bloßen Ansehen zerbersten hört. Ein zerbeultes Spielauto, eine rostige Pfanne sind wie Monumente auf Pfeilen installiert. Dei Pfeiler zeigen die Karte des Frontverlaufes. Riesige Fototafeln, scheinbar vergilbt, scheinbar verschwommen und unscharf in der Erinnerung, hängen im Raum. Es gibt kein Gesamtbild, es gibt Monumentaufnahmen des alten Küstrin. …

Silke Müller
Märkische Oderzeitung 4. April 1995

 

Bruchstücke aus der Vergangenheit
Eine Ausstellung im Friedersdorfer Kunstspeicher zeigt das verlorene Zuhause

… Ganz anders die Exposition der in Berlin lebenden Schwedin Hanna Sjöberg. Sie begab sich zwei Jahre lang auf Spurensuche in das als Festung zwischen Januar und März untergegangene Küstrin. In ihrem Wunsch, einen Tisch für das „preußische Karthago" zu decken, verließ sie sich auf das Assoziative, Symbolhafte der Gegenstände. Auf weißen Fahnen versammelte sich Zitate deutscher und polnischer Schriftsteller - Worte über Geschichte und Gedächtnis - aber auch jenes von Anna Kientopf: „Wir zogen in langer Kolonne durch die Straßen dieser Ruinenstadt, über der ein starker Geruch von Brand und Verwesung lagerte. Dieser Geruch ist mir heute noch in Erinnerung." Der Blick fällt auf einen banalen Kartengruß aus dem Kriegsjahr 1943, auf Chamoise-Fotografien von Familienfesten, Aufmärschen, aber auch schlicht und freundlich gedeckten Tischen. Angeordnet ist dies alles auf alten Klubtischchen, auf denen in Messingleuchtern nackte Glühlampen brennen. Einer blieb leer, auf einem anderen sind Scherben versammelt, Bruchstücke der Vergangenheit. Die Festungsskizze, wie nach einem Unfall, ist mit Kreide auf den Speicherboden gemalt. Nichts Beschwörendes und doch eine Allgegenwart und Verlassenheit, die den Betrachter fesselt. Hier geht es nicht um den Verlust von Macht, signalisiert die Schau, sondern um das verlorene Zuhause, des Privaten und Vertrauten, das sich nur schwer in den Kontexten von Schuld und Sühne einbetten läßt.

Hans Brock
Märkische Allgemeine 5. April 1995    

 
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